Olympische Spiele

Wandel und Beständigkeit im Zeichen der Ringe

Das Konzept

Antikes Vorbild

Olympische Idee

Wettkampf und Sieg

Zusammenspiel

Der Ursprung der Olympischen Spiele der Antike liegt vermutlich im 2. Jahrtausend v. Chr. Der Überlieferung nach sollen die ersten regelmäßigen Spiele im griechischen Olympia im Jahre 776 v. Chr. stattgefunden haben. Dieser Zeitpunkt wurde im 4. Jahrhundert v. Chr. aus den Siegerlisten rekonstru-iert. Die Periode zwischen zwei Spielen hieß Olympiade. Die Zählung nach Olympiaden wurde als Zeitmaß in der gesamten griechischen Antike verwendet.

 

In der Anfangszeit gab es nur einen Wettlauf über die Distanz des Stadions (192,27 Meter). Die Spiele erhielten mit der Zeit eine immer größere Bedeutung.

 

Sie waren keine »Sportveranstaltung« in unserem heutigen Sinne, sondern ein religiöses Fest, das zu Ehren des Göttervaters Zeus, dem obersten Gott der griechischen Mythologie und des göttlichen Helden Pelops durchgeführt wurde. Daher war auch das Spektakulärste, was es in Olympia zu sehen gab eine 13 Meter hohe prachtvolle Gold-Elfenbein-Statue des Zeus. Die Sportanlagen waren mit einem Zentrum religiöser Andacht verbunden. Teilnahme und Sieg hatten einen religiöser Charakter.

 

Die Olympischen Spiele waren vorwiegend eine Männerveranstaltung. So waren zum Beispiel verheiratete Frauen als Zuschauerinnen ausgeschlossen.

 

In ihrer Blütezeit dauerten die Spiele fünf Tage. Der erste Tag war bestimmt von kultischen Zeremonien, wie Weihehandlungen und dem Einzug der Athleten, Schiedsrichter und Zuschauer in den heiligen Hain von Olympia. Die Olympischen Spiele fanden immer Mitte Juli statt. Die Sportler mussten einen Monat vorher anwesend sein, um den Oberschiedsrichtern ihr Können zu demonstrieren. Wer für geeignet befunden wurde, war für die Wettkämpfe qualifiziert.

 

Neben den sportlichen Wettkämpfen fanden Wettkämpfe in musischen Wettbewerben statt.

 

Die eigentlichen Spiele begannen mit dem Umzug aller Beteiligten zum Tempel des Zeus: Sportler, Betreuer, Schiedsrichter und Zuschauer. Hier schworen die Sportler, sich an die Regeln der Spiele zu halten.

 

Die Wettkämpfe selbst wurden mit höchster Leidenschaft ausgetragen. Mit der Zeit stieg die Anzahl der Wettbewerbe auf zwanzig an in Leichtathletik, Schwerathletik, Pentathlon (Fünfkampf: Speer, Diskus, Sprung, Lauf und Ringen), Kampfsport (Ringen und Boxen), Pankration (Allkampf) sowie Reitwettbewerbe unterteilt.

 

Warum die Athleten die Wettbewerbe unbekleidet bestritten, ist nicht ganz klar. Die Zurschaustellung körperlicher Attraktivität und Stärke öffnete jedoch offenbar bereits damals den Weg zu einer besonderen gesellschaftlichen Anerkennung. Die körperliche Schönheit war wahrscheinlich so etwas wie eine Eintrittskarte in ein besseres Leben.

 

Illustration: Relief mit Ringern, Marmor, ca. 510 v.Chr., Archäologisches Museum von Athen.

 

Als die Römer im Jahr 148 v. Chr. Griechenland eroberten, verloren die Olympischen Spiele ihren panhellenischen Charakter. Von diesem Zeitpunkt an war es auch »nicht-griechischen« Athleten die Teilnahme gestattet.

 

Die Spiele fanden vermutlich im Jahr 393 n. Chr. zum letzten Mal statt, bevor der römische Kaiser Theodosius I. im Jahr 394 alle heidnischen Zeremonien verbieten ließ. Fest steht, dass die Spiele nach 426 n. Chr. nicht mehr ausgetragen werden konnten, da in diesem Jahr ein Brand den Zeus-Tempel zerstörte. Eroberungsfeldzüge, Überschwemmungen, Erdrutsche und Erdbeben vernichteten die Anlagen weitestgehend.

 

Die Olympische Idee ging nie ganz verloren. So fanden in England während des 17. Jahrhunderts mehrmals »olympische« Wettkämpfe statt, später auch in Frankreich und Griechenland.

 

Sporthistoriker zählen 12 einjährig und mehrjährig durchgeführte Veranstaltungen zu den ersten Versuchen einer Erneuerung der Olympischen Spiele. Sie waren jedoch allesamt eher kleine Veranstaltungen mit bestenfalls überregionalem Charakter. Als einziger ernsthafter Vorläufer der modernen Olympischen Spiele gelten die Olympien, die zwischen 1859 und 1889 in Griechenland stattfanden. Sie wurden von Evangelos Zappas ins Leben gerufen und durch eine Königliche Verfü-gung von Otto I. als eine nationale Aufgabe von hohem Rang angesehen, die auch internationale Beachtung erfuhr.

»Das Wichtigste bei den

Olympischen Spielen ist nicht zu Gewinnen, sondern daran teilzunehmen.«

Pierre de Coubertin

 

»Der Sport ist brutal ehrlich, es zählt nur die Stoppuhr.«

Toto Wolff, Mercedes Motorsportchef

Nachdem 1766 die Sport- und Tempelanlagen in Olympia wieder entdeckt worden waren, begannen 1875 groß angelegte archäologische Ausgrabungen unter Leitung des Deutschen Ernst Curtius.

 

Um diese Zeit kam in Europa die romantisch-idealistische Antiken-Rezeption immer mehr in Mode. In diesem Zusammenhang entwickelte sich auch der Wunsch nach einer Wiedererweckung des olympischen Gedankens. So sagte Baron Pierre de Coubertin damals:

 

»Deutschland hatte das ausge-graben, was vom alten Olympia noch vorhanden war. Warum sollte Frankreich nicht die alte Herrlichkeit wiederherstellen?«

 

Nach de Coubertins Meinung war die mangelnde körperliche Ertüchtigung der Soldaten eine der Hauptursachen für die Niederlage der Franzosen im Deutsch-Französischen Krieg (1870–71). Er strebte danach, diesen Zustand durch die verbindliche Einführung von Sportunterricht an den Schulen zu verbessern. Gleichzeitig wollte er nationale Egoismen überwinden und zum Frieden und zur internationalen Verständigung beitragen. Die »Jugend der Welt« sollte sich bei sportlichen Wettkämpfen messen und sich nicht auf dem Schlachtfeld bekämpfen. Die Wiederbelebung der Olympischen Spiele schien in seinen Augen die beste Lösung zu sein, um beide Ziele zu erreichen.

 

An einem Kongress, der vom 16. bis 23. Juni 1894 in der Sorbonne-Universität von Paris stattfand, präsentierte er seine Ideen einer internationalen Zuhörerschaft. Am letzten Tag des Kongresses wurde beschlossen, dass die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit 1896 im Ursprungsland in Athen stattfinden sollten.

 

»Feste sind umso attraktiver, je seltener sie gefeiert werden.« Walter Siebel

 

 

Um die Spiele zu organisieren, erfolgte die Gründung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Erster Präsident war der Grieche Demetrius Vikelas, während de Coubertin zunächst als Generalsekretär amtierte.

 

Die ersten Spiele der Neuzeit erwiesen sich als großer Erfolg. Obwohl weniger als 250 Athleten teilnahmen, waren die Spiele das größte sportliche Ereignis, das je seit der Antike stattgefunden hatte. Die griechischen Offiziellen waren vom Erfolg derart begeistert, dass sie den Vorschlag machten, die Spiele zukünftig immer in Griechenland stattfinden zu lassen. Doch das IOC entschied sich für eine Rotation zwischen verschiedenen Ländern.

 

Illustration: Olympische Sommerspiele 1896, Siegermedaille

Bei den antiken Spielen waren zweite und dritte Plätze »wertlos« und wurden nicht einmal dokumentiert. Nur der Sieg zählte. Die Sieger erhielten einen Siegeskranz aus Olivenzweigen sowie ein Stirnband. Man sah sie als »von den Göttern begünstigt« an und ehrte sie mit Gedichten und Statuen. Spitzenathleten wurden zu lebenden Legenden hochstilisiert. Sie erhielten von Unter-nehmern gelegentlich sehr hohe Honorare ausbezahlt, wenn sie sich bei lokalen Festen zeigten. Jede Niederlage – sogar schon ein zweiter oder dritter Platz – galt als untilgbare Schmach. Die Verlierer kehrten unglücklich und auf Schleich-wegen in ihre Heimat zurück, um dem Spott zu entgehen, der sie erwartete.

 

Lebensgroße Siegerstatuen aus Bronze oder Marmor wurden aufgestellt die so viel kosten konnten, wie im Durchschnitt ein normaler Arbeiter in zehn Jahren verdiente. Als berühmtester Olympionike aller Zeiten galt der Ringer Milon von Kroton.

 

Illustration: Ca. 460–450 v. Chr. Der Diskobolos (Diskuswerfer) des griechischen Erzgießers Myron gehört zu den bekanntesten griechischen Statuen überhaupt. Er stellt vermutlich einen Sieger der Zehnkampfdisziplin Diskuswerfen dar.

Fernsehübertragungen von Sportveranstaltungen wurden zu einer Art sekularer Religion, wo der Sieg auf dem Spielfeld die Moral eines ganzen Volkes, wenn auch nur für kurze Zeit, heben kann und sich vielleicht sogar nachweislich auf das nationale Selbstvertrauen auswirkt.

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»Großveranstaltungen wie Olympische Spiele, Weltausstellungen oder Fußballweltmeisterschaften werden als Lokomotive für die Entwicklung einer Stadt genutzt. Zahlen sich die Investitionen aus?« Rose Winkler-Hermaden