Der amerikanische Präsidentschaftswahlkampf
Der Blickwinkel der Begeisterung
Heilsversprechen
Change
Beteiligung
Superheroe
»Yes We Can!« Barack Obama
Mit Barack Obama soll ein neues Kapitel in der amerikanischen Geschichte aufgeschlagen werden. Das Wahlkampfteam entscheidet sich daher auch für einen ästhetische Strategie, die sich deutlich von den traditionellen Vorbildern unterscheidet.
Obama präsentiert sich als Retter, als Prophet einer neuen Zeit, als Hoffnungsträger.
Barack Obama hat eine umfassende Erneuerung der amerikanischen Politik angekündigt und will tiefgreifende Reformen durchsetzen. Illegale Einwanderer sollen eine Möglichkeit erhalten ihren Status zu legalisieren. Regenerative Energien sollen gefördert und in das Bildungssystem soll investiert werden. Die Steuersenkungen zu Gunsten der Unternehmen und der Wohlhabenden sollen auslaufen. Die Kapitalertragsteuer soll auf 28 Prozent erhöht werden. Amerikas Abhängigkeit vom Öl soll gebremst werden. Erneuerung des Gesundheitssystems wird in Aussicht gestellt.
Die Allianz von Politik & Glauben
Für Alexis de Tocqueville lag der Schlüssel für die Tür zum Glück der amerikanischen Gesellschaft in einer unlösbaren Verknüpfung des demokratischen Lebensgefühls mit der Religiosität Amerikas. Religiöse Impulse durchdringen nahezu jede Regung des öffentlichen Lebens in Amerika.
»Aufklärung und Glaube, Religion und Rationalismus, Revolution und Reformation begegnen in der Neuen Welt einander nicht in tödlicher Feindschaft, sondern gingen eine spannungsreiche und, alles in allem, produktive Ehe ein.« Klaus Harpprecht
»We are one country and not red and blue states.« Barack Obama
Obama appelliert damit an amerikanische Urerfahrungen von Aufbruch und Weggemeinschaft und den Glauben, dass alle Amerikaner, als ein Volk, miteinander verbunden sind .
»It is time to turn the page!« Barack Obama
»Lasst uns anfangen. Lasst uns diese schwierige Arbeit gemeinsam angehen. Lasst uns diese Nation verwandeln. Lasst uns die Generation sein, die sich um soziale Gerechtigkeit und eine Gesundheits-reform um Umweltschutz und eine neue Energie-politik bemüht.«
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Wie bedeutsam ist die Einheitlichkeit einer Kommunikationsstrategie und wie lässt sich solche eine visuelle Konsistenz organisieren und exekutieren, vor allem wenn das Ziel darin besteht, dass sich möglichst viele Menschen selbst aktiv an einem Kommunikationsprozess beteiligen?
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»US presidential candidate Barack Obama has joked that he is Superman and was sent from Krypton to save planet Earth.« The Telegraph, 2008
Um der Tristesse und Hoffnungslosigkeit der Wirtschaftskrise zu entfliehen entwickelten Medienhäuser und deren Comic-Zeichner in den 1930er Jahren eine ganze Reihe von Superhelden wie Superman, Spider-Man, Batman oder Iron Man. Für das begeisterte Millionenpublikum wurden sie so etwas wie amerikanische Götter und symboli-sierten, gerade auch in ihrer Unterschiedlichkeit, die Ideale der amerikanischen Gesellschaft.
Während des Zweiten Weltkriegs repräsentierten die Superhelden, allen voran Captain America, mit einem Kostüm in den Farben der US-Nationalflagge ausgestattet, den amerikanischen Verteidigungs-willen, im Krieg und an der Heimatfront.
Im Allgemeinen charakteristisch für amerikanische Superhelden ist, dass sie aus anderen »Welten« stammen, es ihnen schwer fällt sich in der ameri-kanischen Gesellschaft aufgehoben und akzeptiert zu fühlen, auf Grund eines traumatischen Erlebnisses sich für den radikalen Kampf gegen Verbrechen und Ungerechtigkeit entschieden haben und sie, meist durch äußere Einwirkung (Strahlung), mit besonderen Fähigkeiten ausge-stattet sind. Barack Obamas Lebensgeschichte zeigt in vielen Einzelheiten Parallelen zu dem Grund-muster eines amerikanischen Superhelden. Auch er stammt aus einer »anderen Welt.« Aufgrund seiner Hautfarbe hat er sich in seiner Jugend immer wieder als Außenseiter empfunden und nach einer möglichen Rolle und Aufgabe in der Gemeinschaft gesucht. Er behauptet von sich, für eine »bessere Welt« kämpfen zu wollen. In seiner Außenwirkung als mitreißender Redner, mit einem strahlenden Lächeln und einer zur Schau getragenen Energie, die die Illusion erzeugt, er könne Berge versetzen, bietet er sich als Projektionsfläche für diverse heldenhafte Taten an.
Illustration: Captain America, Comics No. 1, 1941
»Was bleibt vom Superman?« Nils Rüdel, 2013, Handelsblatt
Es ist somit kein Zufall, dass man Barack Obama auch als Actionfigur in Form eines Superhelden kaufen kann.
Superhelden sind im Wesentlichen einsame Kämpfer und dulden bestenfalls einen Begleiter, einen sogenannten Sidekick, an ihrer Seite. Michelle Obama könnte man in diesem Zusammenhang als einen solchen Sidekick betrachten.
Die Macht des Einen basiert auf der Ohnmacht der Anderen. Dort wo viele miteinander in kooperativer Weise zusammenarbeiten, bedarf es keiner Akkumulation von Macht. Ganz im Gegenteil – wenn einer das uneingeschränkte Sagen hat, dann nur, weil die anderen Gruppenmitglieder verstummen. Die Sehnsucht nach einem Superhelden als Präsidenten ist somit immer auch eine Art Eingeständnis der eigenen Ohnmacht oder eventuell sogar mit dem Wunsch verbunden, sich mit einer Opferrolle zu begnügen, solange sich dadurch gewisse Vorteile erhoffen lassen.